Nach Jahrhunderten der Beinahe-Ausrottung haben die europäischen Wölfe ein bemerkenswertes Comeback erlebt. Im letzten Jahrzehnt ist die Wolfspopulation um fast 60 % gestiegen. Im Jahr 2022 wurden auf dem gesamten Kontinent mehr als 21.500 Wölfe registriert.
In Ländern, die lange Zeit wolfsfrei waren, leben heute blühende Rudel. In Deutschland, Italien, Polen, Spanien und Rumänien gibt es jeweils mehr als 1.000 Wölfe. Für Wissenschaftler ist dies eine seltene Erfolgsgeschichte im Naturschutz: Ein großes Raubtier erobert Landschaften zurück, die von menschlichen Aktivitäten dominiert werden.
Wo wir in Dänemark leben, war das Comeback bescheidener. Wölfe verschwanden 1813 aus den dänischen Wäldern, als sie bis zur Ausrottung gejagt wurden – woran sich nur noch Geschichten und Märchen erinnern. Dann, im Jahr 2012, überquerte ein einsamer männlicher Wolf die Grenze von Deutschland nach Jütland, der dänischen Halbinsel an der Grenze zu Deutschland. Weitere folgten. Im Jahr 2017 feierte Dänemark sein erstes bestätigtes Zuchtrudel seit mehr als 200 Jahren.
Heute wird die Wolfspopulation in Dänemark auf knapp über 40 Wölfe geschätzt, wobei mindestens sieben Brutpaare bekanntermaßen Junge zur Welt gebracht haben.
Doch selbst diese geringe Zahl hat heftige Debatten über Viehhaltung und öffentliche Sicherheit in einem der am intensivsten bewirtschafteten Länder Europas ausgelöst, wobei die Ansichten über Wölfe offenbar größere politische Spaltungen in ganz Dänemark widerspiegeln.
Die EU hat kürzlich den Schutzstatus von Wölfen herabgestuft und sie von „streng geschützt“ auf einfach „geschützt“ umgestellt. Diese Änderung erleichtert es den Mitgliedstaaten, lokale Tötungen zu genehmigen.
Anfang des Frühjahrs gab die dänische Regierung bekannt, dass „Problemwölfe“ legal erschossen werden können, wenn sie sich wiederholt in Städte verirren oder Nutztiere hinter sicheren Zäunen angreifen. Und im September wurde die erste legale Lizenz zum Erschießen eines Wolfes ausgestellt, der mehrere Angriffe begangen hatte.
Experten haben bereits darauf hingewiesen, dass die mysteriös hohen Sterblichkeitsraten und das „Verschwinden“ der Wölfe höchstwahrscheinlich auf illegale Jagd zurückzuführen sind. Und Naturschützer befürchten, dass Quoten für den Wolfsbestand eingeführt werden könnten, wie es im benachbarten Schweden der Fall ist.
Als Politikwissenschaftler wollten wir verstehen, was die Dänen über die Rückkehr der Wölfe denken. Diesen Sommer haben wir eine Frage zu Wölfen in eine YouGov-Umfrage zu Klima und Umwelt aufgenommen. Wir fragten: „Stimmen Sie der Aussage zu, dass die Zucht von Wolfsrudeln für die dänische Natur von Vorteil ist?“
Von den 2.172 Befragten stimmten 43 % nicht zu, 30 % stimmten zu und 27 % waren neutral oder unsicher. Eine Aufschlüsselung der Ergebnisse nach Politik zeigt deutliche Muster. Anhänger linker und grüner Parteien äußerten sich am positivsten: Fast 45 % stimmten zu, dass Wölfe gut für die Natur sind. Rechtsgerichtete Wähler waren weitaus skeptischer, fast die Hälfte der Anhänger neuer rechter Parteien war völlig anderer Meinung. Sogar viele Wähler der Sozialdemokraten (im Allgemeinen als Mitte-Links-Wähler angesehen) neigten zu Meinungsverschiedenheiten, was zeigt, wie dieses Thema in die traditionellen politischen Gräben integriert wurde.
Die Menschen in Kopenhagen und anderen Großstädten standen der Rückkehr der Wölfe etwas positiver gegenüber als die Menschen in kleineren Städten oder ländlichen Gebieten, aber die Einstellungen bleiben überall gemischt. Das Leben auf dem Land macht einen nicht automatisch zum Wolfskeptiker, und das Stadtleben garantiert auch keine Unterstützung.
Das Alter war jedoch der stärkste Indikator für die Unterstützung. Junge Dänen (18–34) waren mit überwältigender Mehrheit der Befürworter, wobei über 50 % der Meinung waren, dass Wölfe der Natur zugute kommen. Allerdings nimmt die Zustimmung mit zunehmendem Alter stetig ab, wobei die Mehrheit der über 55-Jährigen – und fast 60 % der über 73-Jährigen – völlige Ablehnung äußert.
Wir haben mehr als ein Jahrzehnt damit verbracht, uns mit traditionelleren politischen Themen zu befassen, und haben noch nie solche Altersunterschiede gesehen. Auf diese Weise scheint das Wiederaufleben der Wölfe mehr als nur ein Problem der Tierwelt geworden zu sein.
Wölfe, Mythen und Realität
Nur wenige Tiere beflügeln die Fantasie so sehr wie Wölfe. Sie erscheinen als Bösewichte in Märchen, als heilige Beschützer und Vorboten der Apokalypse in nordischen Mythen und als ökologische Superhelden in Biologielehrbüchern. Einige Wölfe wurden als „beste Freunde des Menschen“ eng mit dem Menschen verbunden, während andere zu unserem schlimmsten Feind wurden – siehe den großen bösen Wolf.
Naturschützer bezeichnen Wölfe als „Schlüsselart“. Das bedeutet, dass ihre Anwesenheit die Erholung von Wäldern und Grasland ermöglichen kann, da sie auf natürliche Weise die Anzahl der Hirsche und anderer Beutetiere kontrollieren. Der Yellowstone Park in den USA ist ein Paradebeispiel: Nach der Wiederansiedlung der Wölfe blühten Espen und Weiden zum ersten Mal seit Jahrzehnten wieder.
Aber Dänemark ist nicht Yellowstone. Die Landschaft ist ein Flickenteppich aus Bauernhöfen, Städten und Autobahnen mit kleinen, stark bewirtschafteten Naturschutzgebieten. Ob Wölfe hier das „wilde Gleichgewicht“ wiederherstellen können, ist ungewiss – und die Ansichten der Dänen spiegeln diese Unsicherheit wider. Tatsächlich sind Wölfe für einige Landwirte und Landbewohner keine Symbole der Wiederverwilderung – sie sind echte Raubtiere, die Vieh und Lebensgrundlagen bedrohen.
Auch Angst spielt eine Rolle: Eltern machen sich Sorgen um Kinder, die im Wald spazieren gehen, und Hundebesitzer machen sich Sorgen um ihre Haustiere. Statistisch gesehen sind Wolfsangriffe auf Menschen äußerst selten, doch die Wahrnehmung überwiegt oft die Fakten.
Vorfälle in Nachbarländern können die Unruhe verstärken. Anfang des Jahres griff ein Wolf in den Niederlanden einen sechsjährigen Jungen an. Und in Dänemark verbrachten diesen Sommer zwei kleine Jungen Stunden auf einem Baum, weil sie dachten, ein „aggressiver Wolf“ sei in der Nähe. Die Geschichte sorgte für Schlagzeilen, doch dann stellte sich heraus, dass es sich bei dem Tier tatsächlich um eine Großkatze handelte. Es ist eine Erinnerung daran, wie schnell sich Angst ausbreitet, unabhängig davon, ob die Gefahr real ist oder nicht.
Unsere Ergebnisse legen nahe, dass Ängste und Mythen über Wölfe keine bloße Folklore sind. Sie kommen in realen Einstellungen zum Ausdruck und spiegeln tief verwurzelte Werte und kulturelle Identitäten wider.
Wölfe repräsentieren mittlerweile viel mehr als nur Wildtiere. Sie sind starke Symbole für Umweltideale und gesellschaftliche Perspektiven – wobei die Einstellung ihnen gegenüber weniger von der Geografie als vielmehr von politischen Überzeugungen und Generationenperspektiven geprägt ist. Für politische Entscheidungsträger und Naturschützer ist das Verständnis dieser Wahrnehmungen von entscheidender Bedeutung, um das empfindliche Gleichgewicht zwischen Artenerholung und öffentlicher Akzeptanz zu bewältigen.
wurde in Zusammenarbeit mit Videnskab.dk im Rahmen einer Partnerschaft mit The Conversation in Auftrag gegeben. Die dänische Version können Sie hier lesen.
Kristian Kongshøj, außerordentlicher Professor für Politikwissenschaft, Universität Aalborg und Troels Fage Hedegaard, außerordentlicher Professor, Center for Comparative Welfare Studies Green Societies, Universität Aalborg
wird von The Conversation unter einer Creative Commons-Lizenz erneut veröffentlicht.
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